Interview mit Werner Jostmeier

Vorsitzender der deutschen Delegation im Ausschuss der Regionen 2010-2015

Was hat Sie dazu bewogen, sich der Herausforderung zu stellen und die Leitung Ihrer nationalen Delegation im Ausschuss der Regionen zu übernehmen?
Meine persönliche Motivation ist und bleibt die große Freude an der Arbeit in Europa und für Europa. Für den Vorsitz der deutschen Delegation im AdR vorgeschlagen und von den 24 Repräsentantinnen und Repräsentanten einstimmig gewählt worden zu sein, das ist für mich ein Vertrauensbeweis und eine schöne Anerkennung für meine Arbeit im Ausschuss der Regionen in den vergangenen Monaten und Jahren. Zugleich möchte ich mit der später voraussichtlich größten nationalen Delegation im Ausschuss der Regionen die Mitsprache der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in der Europäischen Union stärken. Ich bin der Überzeugung: Der Vertrag von Lissabon bietet dem Ausschuss der Regionen hier eine gute Grundlage, um die Mitsprache und Mitwirkung der Gebietskörperschaften in der Europäischen Union weiter zu entwickeln. 
 
Welches sind die wichtigsten Probleme, um deren Lösung sich die Europäische Union nach Ansicht der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften Ihres Heimatlandes bemühen sollte? 
 
Insbesondere der Ausschuss der Regionen muss sich aus meiner Sicht weiterhin dafür einsetzen, die Akzeptanz der Menschen in Europa für die Europäische Union und für die europäische Einigung zu erhöhen. Gemeinsam müssen wir deutlich machen: Unsere in den zurückliegenden Jahrzehnten gewachsenen europäischen Werte sind die beste Grundlage, um globale Herausforderungen heute und in Zukunft frühzeitig zu erkennen und mit Hilfe überzeugender politischer Konzepte erfolgreich zu bewältigen. Ein weiteres herausgehobenes Ziel muss es sein, den Integrationsprozess in Europa weiter zu vertiefen und die Effizienz in der Arbeitsweise der EU-Institutionen weiter zu erhöhen. Als eine Herausforderung für die kommenden Jahre sehe ich außerdem die Einführung und Verwirklichung des Subsidiaritätsprinzips und der Subsidiaritätskontrolle in der parlamentarischen Praxis der Bundesländer. 
 
Was sind Ihre Vorstellungen, wie Europa in Ihrem Heimatland besser vermittelt werden kann, und wie stellen Sie sich dabei die Zusammenarbeit mit Verbänden vor, die die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften vertreten?
 
Die Europäische Union mit ihren Institutionen und Akteuren muss den Bürgerinnen und Bürgern stärker personalisiert, emotionaler und weniger bürokratisch entgegentreten. Und sie muss die Bürgerinnen und Bürger für die Mitgestaltung der europäischen Zusammenarbeit gewinnen. Das bedeutet insbesondere, dass die Entscheidungsträger in der Europäischen Union stärker vor Ort, in den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, um die Akzeptanz der Menschen für die Arbeit der 27 Mitgliedstaaten in der Europäischen Union werben müssen. Nicht über Hochglanzbroschüren sondern in vielen persönlichen und direkten Gesprächen mit den Bürgerinnen und Bürgern müssen wir die Bedeutung der europäischen Zusammenarbeit für Frieden, Wohlstand und Sicherheit in Europa hervorheben. Und nicht zuletzt sollten auch die Medien in unseren Heimatländern häufiger über die Arbeit der europäischen Institutionen und die Entscheidungsprozesse in der Europäischen Union berichten, um zu zeigen: Europa geht uns alle an.