Minutenlanger Beifall für Horst Köhler

Telefoninterview mit Werner Jostmeier aus Berlin

Es war am Samstag um exakt 14.30 Uhr, als Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert die Wiederwahl Dr. Horst Köhlers zum Bundespräsidenten verkündete. Vor Ort im Berliner Reichstag war der Dülmener Landtagsabgeordnete und CDU-Kreisvorsitzende Werner Jostmeier, mit dem DZ-Redaktionsleiter Ralf Repöhler - kurz nachdem die absolute Mehrheit für Köhler feststand - telefonierte.
Guten Tag, Herr Jostmeier. Beschreiben Sie bitte mal live für uns alle die Stimmung in Berlin. 
 
Jostmeier: Die Stimmung ist sehr gelöst, fast euphorisch. Zumindest in dem Bereich des Reichstages, wo ich mich gerade aufhalte - und das ist in der westlichen Kugel auf der Fraktionsebene der CDU. Die Wiederwahl von Horst Köhler ist deshalb so euphorisch aufgenommen worden, weil zwei Punkte zusammenkommen: erstens wird das Ergebnis heute das Stimmungsbarometer für die Europawahl zugunsten der CDU steigen lassen und zweitens zu einer höheren Wahlbeteiligung führen. 
 
Horst Köhler wurde bereits im ersten Wahlgang im Amt bestätigt, dennoch fiel das Ergebnis mit 613 Stimmen so knapp wie möglich aus. 
 
Jostmeier: In der Tat sind die 613 Stimmen ausgesprochen knapp. Im Reichstag ist der Flurfunk zu hören, dass SPD-Fraktionschef Struck beim Zählappell am Mittag diejenigen Delegierten aus seinem Lager, die ohnehin Horst Köhler wollen, gebeten habe, sich der Stimme zu enthalten - so dass man erst gar nicht mit der Linkspartei in Verbindung kommt. Die Delegierten von CDU, FDP und Freien Wählern ergeben zusammen 613 Stimmen. 
 
Ist die Stimmung der Bürger vor dem Reichstag und am Brandenburger Tor ähnlich gelöst wie bei der CDU? 
 
Jostmeier: Tausende Menschen sind auf den Beinen. Wenn ich heute Abend zu Fuß zurück zum Bahnhof gehe, werde ich sicherlich noch einiges mehr mitbekommen. So spielt die Berliner Staatskapelle am späteren Nachmittag Beethovens 9. Sinfonie vor dem Brandenburger Tor. Die Menschen mögen nun einmal Horst Köhler, so beliebt wie er war noch kein Bundespräsident. Er ist als Mensch ein Sympathieträger, er ist eine werteorientierte Führungsfigur, und er ist ein wertvoller Mensch in dieser Zeit. 
 
Wie war denn der Moment, als der Bundestagspräsident die Wiederwahl von Köhler verkündete? 
 
Jostmeier: So spannend war es nicht mehr, weil es einen ganz dicken Fehler im Protokoll gab. Horst Köhler musste erst herbeigerufen werden, da sich die Auszählung verzögert hatte. In der Zwischenzeit sind den Fraktionsvorsitzenden schon die Blumensträuße zum späteren Gratulieren gereicht worden, die Bläserkapelle nahm bereits Platz. Jedem, der das Verfahren kennt, war damit klar, dass es keinen zweiten Wahlgang mehr geben wird, womit die Spannung raus war. Was später folgte, war ein minutenlanger Applaus für Horst Köhler - als ehrliche Sympathiebekundung.
 
Quelle: Dülmener Zeitung