Große Hochachtung vor den Polizisten im Wach- und Wechseldienst

„Eigentlich haben Sie sich den völlig falschen Tag ausgesucht, denn an so einem normalen Wochentag in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch passiert eigentlich nicht viel.“, so begrüßte Polizeioberkommissar Thomas H. mit mehreren Kollegen den Landtagsabgeordneten des Kreises Coesfeld und den Vorsitzenden des Polizeibeirates des Kreises Coesfeld Hermann Kemper aus Billerbeck. Beide hatten darum gebeten, einmal im Streifenwagen bei Nachtschichten an konkreten Polizeieinsätzen mitfahren zu können.
Hermann Kemper (l) und Werner Jostmeier (r) waren nachhaltig beeindrucktHermann Kemper (l) und Werner Jostmeier (r) waren nachhaltig beeindruckt
So war es bei der ersten Streifenfahrt bis 22:00 Uhr im Streifenwagen mit Polizeioberkommissar Thomas H. in der Tat noch sehr ruhig. Daher blieb Zeit genug für Gespräche und Austausch von Sachinformationen. „Haben Sie bestimmte Straßenzüge oder bestimmte Punkte in der Stadt, die Sie jede Nacht konkret anfahren?“, wollte der der Vorsitzende des Kreispolizeibeirates Hermann Kemper wissen. „Ja, da wir aus der Erfahrung heraus wissen, wo spezielle Gefahrenpunkte sind.“
 
„Sind Sie mit der Personal- und Fahrzeugausstattung zufrieden?“, wollte MdL Jostmeier wissen. „Ja“, so die Antwort von H., „die Wache in Coesfeld ist mit acht Fahrzeugen gut besetzt und ausreichend.
 
Heute ist es so, dass sämtliche Polizeifahrzeuge auf Leasingbasis angeschafft und nach 70.000 km ausgetauscht werden. Das trägt sehr zu ihrer Einsatzbereitschaft bei.“, so H.. Hinsichtlich der Personalausstattung war er zurückhaltender: „Wir sind an der unteren Grenze des Vertretbaren!“ Zur Zeit gibt es im Kreis Coesfeld 289 Polizeibeamte. Das sind 20 weniger als noch vor einem Jahr, denn 15 seien in Pension gegangen und die übrigen versetzt worden.
 
Beim Schichtwechsel um 22:00 Uhr auf der Wache wird der Diensthabende an der Leitzentrale Kommissar R. schon deutlicher: „Das Personal darf auf keinen Fall weiter reduziert werden! Wir haben drei Fahrzeuge im Stadtgebiet im Einsatz, sollte jetzt noch etwas zusätzliches Gefährliches passieren, gäbe es für uns schon Probleme, weil wir dann ein zusätzliches Fahrzeug entweder aus Dülmen, Borken oder Ahaus anfordern müssten.“
 
Für die zweite Streifenfahrt ab 22:00 Uhr steigen Kemper und Jostmeier in das Fahrzeug mit dem Polizeioberkommissar Manfred K. und Polizeikommissar Klaus G.. Auch diese Streifenfahrt beginnt in den ersten Minuten ruhig; nichts Aufregendes passiert. Doch dann wird es für die beiden Gäste in der Nachtschicht sehr spannend, es geht Schlag auf Schlag: Zuerst kommt eine Anforderung, einen Wagen wegen Verdacht auf Trunkenheitsfahrt zu kontrollieren,. Wagentyp, Wagenfarbe und Fahrtrichtung werden schnelldurchgegeben. Nach wenigen Minuten ist in der Tat das Fahrzeug entdeckt. Es wird angehalten, die Personalien der Insassen werden aufgenommen und der Fahrer auf Alkoholgenuss befragt. Sehr schnell stellt sich heraus, dass bei diesen Insassen überhaupt kein Alkohol im Spiel ist. Die Angehaltenen jugendlichen PKW Insassen nehmen es sportlich und machen mit den Polizisten sogar Ihre Scherze, die ihrerseits das ganze sehr sportlich und scherzhaft nehmen.
 
Gleichzeitig kommt der nächste Anruf rein. Personen auf einem größeren Parkplatz in der Innenstadt, es besteht der Verdacht des ruhestörenden Lärms oder des Vandalismus. In wenige Minuten ist der Parkplatz erreicht. Auch dieser Hinweis stellt sich als völlig harmlos heraus.
 
Kaum im Wagen zurück, wird es jedoch kritisch. Auf der Bergstrasse in Richtung Billerbeck sind bereits nach dem Schneefall mehrere Unfälle passiert. Die Kollegen K. und G. kommen Ihren Kollegen mit einem anderen Streifenwagen zur Hilfe, weil auf spiegelglatter Fahrbahn höchste Gefährdung für jedes Fahrzeug besteht. Jetzt haben die Polizeikollegen nicht nur die Aufgabe, die Fahrzeuginsassen und den Verkehrsunfall zu sichern, sondern mit dem Streudienst der Stadt Coesfeld der Verkehrssicherungspflicht nachzukommen. Polizeioberkommissar K.: „Entweder die Stadt kommt sofort heraus und streut diesen Teilabschnitt oder wir kommen wegen unserer Verkehrssicherungspflicht nicht drum herum, diesen ganzen Straßenabschnitt zu sperren.“
 
Kaum hat der Nachtschichtstreifenwagen die Stadtgrenze Coesfelds wieder erreicht, kommt der nächste Einsatzbefehl: Häusliche Gewalt unter Alkoholeinfluss. Eine Frau fordert einen Polizeieinsatz an, weil Ihr betrunkener Ehemann in der Wohnung randaliert und sie geschlagen und körperlich bedroht hatte. „Diese Einsatzbefehle“, weiß Polizeikommissar Klaus G., „kommen häufiger vor als man glaubt. Wir haben dann die Aufgabe die Art und die Begründetheit der Bedrohung festzustellen. Wir können den gewalttätigen Partner mitnehmen und ihm bis zu zehn Tagen den Wiedereinzug in die Wohnung verbieten. Häufig sind es jedoch Wiederholungsfälle.“, ergänzt Oberkommissar K., „d.h. wir kennen unsere Kunden“ In der Wohnung des gewalttätigen Mannes angekommen sind Jostmeier und Kemper beeindruckt von der ruhigen Bestimmtheit, Sicherheit und Sensibilität, mit der die beiden Beamten Ihrer Aufgabe in dieser schwierigen Situation nachkommen. Sie nehmen nicht nur die Tatumstände auf, sondern verhelfen der Frau auch zu Kontaktadressen beim Deutschen Roten Kreuz, bei der Caritas oder bei den Sozialstationen an die Sie sich wenden kann, wenn Sie möchte, um soziale oder familienpädagogische Hilfe zu bekommen.
 
Kaum zurückgekehrt auf der Wache gegen 0:30 Uhr, kommt die nächste Anforderung. Am Bahnhof in Coesfeld stehen Jugendliche, die keine Papiere und kein Geld bei sich haben, um ein Taxi zu bezahlen; es fährt kein Bus und kein Zug mehr. Sie wohnen nicht in Coesfeld, müssen aber in ein Nachbarort nach Hause. Auch sie sind der Polizei „bekannte Kunden“. Ob sie unter Alkoholeinfluss stehen, steht noch nicht fest. „Wir fahren dorthin“, so Polizeioberkommissar K., „laden sie in den Wagen und bringen sie einfach nach Hause. Das kann zwar eigentlich nicht unsere Aufgabe sein, aber sollte von diesen Jugendlichen irgendeine Gefahr ausgehen, sollte irgendetwas passieren, wird man uns vorhalten, wir seien unserer präventiven Gefahrvermeidungsaufgabe nicht nachgekommen.“
 
Später treffen sich alle mitten in der Nacht bei einem heißen Kaffe um einen Tisch in der Wache wieder. Man kommt im Gespräch von „Hölzken auf Stöcksken“ was die polizeiliche Alltagsarbeit insbesondere in den Nachtschichten betrifft. „Es geht schon auf die Knochen“, so alle Beteiligten, „wenn Sie 30 Jahre Wach- und Wechselschicht haben und mit 58 oder 60 Jahren auch noch in dieser Weise Dienst tun müssen. Es fehlt“, so die Kollegen einmütig, „der kontinuierlich eingestellte Nachwuchs. Jährlich werden im Schnitt etwa 1.200 Polizeibedienstete in NRW pensioniert. Eingestellt werden jedoch nur zwischen 400 und 500 Polizeikräfte. Das kann auf die Dauer nicht gut gehen. Und daher sind ältere Kollegen im Wach- und Wechseldienst häufig des Nachts bei Ihren Streifenfahrten damit konfrontiert, dass Sie es mit einem Täterklientel und Gefahrenabwehr zu tun haben, mit Tätern, die 40 Jahre jünger sind wo es durchaus auch schon mal zu Bedrohungsszenarien kommen kann.
 
Auf die Frage von Jostmeier ob Sie wieder den Beruf des Polizisten wählen würden kommt von allen Beteiligten ein einhelliges Ja. „Ja, wir machen unseren Polizeidienst gerne, wir sind gerne Polizisten, es macht uns auch nach wie vor Spaß. Wir würden uns nur manchmal etwas mehr Rückendeckung durch die Politik wünschen!“
 
Tief in der Nacht verabschieden sich der Landtagsabgeordnete Jostmeier und Polizeibeiratsvorsitzender Kemper mit einem herzlichen Dankeschön, tief beeindruckt von dem, was Sie heute Nacht erlebt haben und von dem, was die Polizeikräfte innerhalb kürzester Zeit an völlig verschiedenen Situationen zu leisten haben.
 
„Wir sind nachhaltig beeindruckt von den Polizeibeamten, mit welchen Aufgaben Sie im Wach- und Wechseldienst zu tun haben und wie verantwortungsbewusst Sie Ihre schweren Aufgaben wahrnehmen.“